Das „neue“ Unterhaltsrecht, eine „alte“ Unbekannte?

Die seit dem 01.01.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsreform hat, insbesondere im Hinblick auf nacheheliche Unterhaltsansprüche, erhebliche Änderungen mit sich gebracht, die nicht nur die vielen davon persönlich Betroffenen in den Medien mit Interesse verfolgt haben dürften.

Beispielhaft sei insoweit darauf hingewiesen, dass das reformierte Unterhaltsrecht grundsätzlich keine zeitlich unbeschränkte Lebensstandardgarantie für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten mehr kennt. Zweck des Gesetzgebers war es hierbei, die Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten nach der Scheidung zu fördern. Es ist dementsprechend gemäß § 1569 S. 1 BGB prinzipiell zunächst einmal Sache eines jeden Ehegatten, nach der Scheidung selbst für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.

Ungekürzte und lebenslange Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen Ehegatten völlig losgelöst von sogenannten ehebedingten Nachteilen und der Einzelfallgerechtigkeit gehören der Vergangenheit an, was grundsätzlich auch für gescheiterte Ehen von längerer Dauer gilt.

Das Familienrecht insgesamt befindet sich im Wandel. Bereits zum 01.09.2009 werden zeitgleich drei weitere große Gesetzesnovellen in Kraft treten, allen voran das völlig neu gestaltete Verfahrensrecht in Familiensachen (FamFG), das reformierte Güterrecht sowie das neue Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs.

Gleichwohl werden die Auswirkungen der Anwendung des mittlerweile nicht mehr ganz so „neuen“ Unterhaltsrechts in der Praxis vielfach verkannt oder wenigstens unterschätzt, insbesondere wenn es um die Behandlung von sogenannten Altfällen und die Abänderung von vor Inkrafttreten der Reform bis zum 31.12.2007 geschaffenen Unterhaltstiteln (hierunter fallen vor allem rechtskräftige Gerichtsurteile, Vergleiche und notarielle Urkunden) geht.

Die Änderungen im Unterhaltsrecht begründen nach wie vor einen beachtlichen Bedarf bei der Abänderung dieser vorgenannten Unterhaltstitel, und dies in besonderem Umfang zum Vorteil der Unterhaltspflichtigen, was diesen vielfach nicht bewusst sein dürfte.

Denn Tatsache ist, dass die eingetretene Gesetzesänderung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH rechtlich als wesentlicher Abänderungsgrund für bestehende (unbefristete) Unterhaltstitel gilt, aufgrund derer eine Vielzahl von Unterhaltsschuldnern ihren Ex-Ehegatten noch immer monatlich zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet sind. Damit wird den Pflichtigen aber die Möglichkeit eröffnet, mit Hilfe einer Abänderungsklage vor dem Familiengericht ihre fortlaufende Verpflichtung zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt aus vor Ende des Jahres 2007 geschaffenen Alttiteln gegenüber ihren Ex-Partnern entweder vollständig zu beseitigen oder aber zumindest der Höhe nach zu begrenzen und/oder absehbar zeitlich zu befristen.

Auf der anderen Seite genießen die Unterhaltsberechtigten nach der gesetzlichen Übergangsvorschrift des § 36 Nr. 1 EGZPO zwar Vertrauensschutz in die vor der Reform getroffene Unterhaltsregelung und den darin festgesetzten Unterhalt. Dieser Vertrauensschutz muss jedoch bei der im gerichtlichen Abänderungsverfahren der vorzunehmenden Abwägung der maßgeblichen Kriterien in den meisten Fällen hinter der Gesetzesänderung als wesentlichem Abänderungsgrund zurückstehen. Bitte beachten Sie, dass es in allererster Linie jedoch um Ihren besonderen Einzelfall geht und Verallgemeinerungen daher stets mit Vorsicht zu genießen sind.

Gern berate ich Sie nicht nur in Bezug auf die Möglichkeiten einer Unterhaltsabänderung in ihrem speziellen Fall, sondern auch in Ihren sonstigen familienrechtlichen Angelegenheiten und würde mich darüber freuen, Sie in meiner Kanzlei in Darmstadt begrüßen zu dürfen.

 

Andreas Mertens
Rechtsanwalt