Der Unterhalt zwischen nicht verheirateten Elternteilen

Unterhaltsansprüche von nicht miteinander verheirateten Eltern aus Anlass der Geburt eines ge­mein­sa­men Kindes regelt die Vorschrift des § 1615 l BGB.

In der Praxis mit Abstand am bedeutsamsten ist dabei der Betreuungsunterhalt der Mutter ge­gen den Vater des nichtehelichen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 S. 2 BGB, für das die Va­ter­schaft entweder wirksam anerkannt oder aber gerichtlich festgestellt wurde. Betreut der Vater aus­nahms­wei­se das Kind, steht ihm der Unterhaltsanspruch gegen die Mutter zu. Zwar ist der An­spruch auf Betreuungsunterhalt auf das Kindeswohl ausgerichtet; es handelt sich aber nicht et­wa um Ansprüche des Kindes, sondern der Betreuungsperson. Vorrangig hat der nicht­be­treu­en­de Elternteil Kindesunterhalt für das Kind zu zahlen.

Bis zur Einführung des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes Anfang des Jahres 2008 wurden An­sprü­che auf Betreuungsunterhalt beim ehelichen und beim nichtehelichen Kind nach §§ 1570, 1615 l a.F. BGB unterschiedlich behandelt. Der Anspruch des betreuenden Elternteils ge­gen den anderen bei nichtehelichen Kindern war grundsätzlich auf die Dauer von drei Jah­ren beschränkt, bei der Betreuung ehelicher Kinder hingegen nicht. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt erklärte in einer Entscheidung vom 28.02.2007 die ungleiche Behandlung und Dauer der Ansprüche auf Betreuungsunterhalt beim ehelichen und beim nichtehelichen Kind wegen Ver­sto­ßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 6 V GG (wonach unehelichen Kin­dern durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Ent­wick­lung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen sind) für verfassungswidrig. Im Zu­ge der Unterhaltsreform 2008 kam der Gesetzgeber diesen Vorgaben des BVerfG nach, in­dem er die Bestimmungen der §§ 1615 l, 1570 BGB neu fasste und aneinander anglich.

Seither bestehen im Hinblick auf Dauer und die Voraussetzungen des Betreuungsunterhalts für eheliche und nichteheliche Kinder aus Gründen des Kindeswohls praktisch keinerlei qua­li­ta­ti­ve Unterschiede mehr. Gleich geregelt sind nunmehr nicht nur der sogenannte Ba­si­sun­ter­halt für die ersten drei Jahre nach Geburt des Kindes (in denen der betreuende Elternteil ein Recht auf dessen persönliche Betreuung hat), sondern auch die darüber hinaus mögliche Ver­län­ge­rung des Unterhaltsanspruchs über das dritte Lebensjahr aus Gründen der  Billigkeit. Hier­bei können in erster Linie Belange des Kindeswohls die etwaige Verlängerung des Un­ter­halts­an­spruchs rechtfertigen, etwa eine Behinderung oder schwerwiegende Erkrankung des Kin­des. Oder aber fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten erfordern eine weitere per­sön­li­che Betreuung des Kindes durch seine Mutter/seinen Vater. Dementsprechend sind die Vor­aus­set­zun­gen für eine etwaige Verlängerung des Betreuungsunterhalts für eheliche und nicht­ehe­li­che Kinder heute in § 1570 Abs. 1 S. 2 und S. 3 sowie in § 1615 l Abs. 2 S. 4 und S. 5 BGB übereinstimmend formuliert. Der Gesetzgeber geht jeweils davon aus, dass in der Regel ein Kind im Alter von drei Jahren genauso durch eine fremde Person (Kindergarten; Hort; Kin­der­ta­ges­stät­te) betreut werden kann und nicht mehr zwingend einer Betreuung durch seine El­tern oder durch einen Elternteil bedarf.

Anders als beim nachehelichen Betreuungsunterhalt richtet sich die Höhe des Unterhalts nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen (und damit auch nach dem Einkommen des nicht be­treu­en­den Elternteils), sondern allein nach der Lebensstellung der Mutter vor Geburt des Kin­des. Entscheidend ist also das Einkommen der Mutter, das sie ohne die Geburt des Kindes zur Ver­fü­gung hätte, vor allem ihr früheres Arbeitseinkommen. Eigenes Einkommen der Mutter (z. B. Lohnfortzahlung, Elterngeld über den Sockelbetrag von 300,00 € monatlich hinaus) ist grund­sätz­lich auf ihren Unterhaltsbedarf anzurechnen.

„Begrenzt“ ist der Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB – wie bei allen sonstigen Unterhaltsansprüchen auch – durch die Leistungsfähigkeit des nicht be­treu­en­den Elternteils. Sein angemessener monatlicher Selbstbehalt beträgt nach den aktuellen Un­ter­halts­grund­sät­zen des OLG Frankfurt am Main 1.050,– €. Dieser Betrag ist dem un­ter­halts­pflich­ti­gen Elternteil monatlich zum Leben zu belassen. In jedem Fall darf die Bemessung der Hö­he des Unterhaltsbedarfs nach dem sogenannten Halbteilungsgrundsatz nicht dazu führen, dass der Mutter aus Unterhalt und Eigeneinkommen monatlich mehr zur Verfügung steht, als dem unterhaltspflichtigen Vater verbleibt.

Müttern nichtehelicher Kinder ist nach einer endgültigen Trennung von dem Vater des Kindes an­zu­ra­ten, nicht damit zu zögern, neben dem ohnehin vorrangig geschuldeten Bar­kin­de­sun­ter­halt für das Kind auch ihre eigenen Ansprüche auf Betreuungsunterhalt zu verfolgen. Rück­wir­kend, also für die Vergangenheit ab Trennung, können Unterhaltsansprüche nur nach nach­weis­li­cher Aufforderung an den anderen Elternteil geltend gemacht werden. Gerade wenn es zu einer Trennung während der ersten drei Lebensjahre des Kindes kommt, sind die ge­setz­li­chen Anforderungen an einen Betreuungsunterhaltsanspruch identisch zu denen, die es bei miteinander verheirateten Eltern zu beachten gilt.

 

Andreas Mertens
Rechtsanwalt, Darmstadt