„Homo-Ehe“ auf dem Weg zur rechtlichen Gleichstellung

Aktuell existieren rund 30.000 eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, bekannt als sogenannte „Homo-Ehen“. Das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft – LPartG in seiner heute gültigen Fassung begründet ein eigenständiges Rechtsinstitut für registrierte homosexuelle Paare. Das LPartG gilt also nicht etwa für die nichteheliche Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau.

Gleich der Ehe werden Lebenspartnerschaften unter staatlicher Mitwirkung vor dem Standesbeamten auf Lebenszeit geschlossen und in ein Register eingetragen. Das LPartG regelt die Rechtsbeziehungen gleichgeschlechtlicher Partner zueinander vom Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft, für die Dauer ihres Bestehens bis hin zu ihrer Aufhebung durch das Familiengericht und normiert deren unterhaltsrechtliche, namensrechtliche sowie vermögensrechtliche Wirkungen. Es räumt dem überlebenden Lebenspartner u.a. in § 10 LPartG ein eigenes gesetzliches Erbrecht ein, das dem des Ehegatten einer Ehe nachgebildet ist.

Die eingetragene Lebenspartnerschaft hat damit mittlerweile eine nahezu vollständige rechtliche Gleichstellung zu der verfassungsrechtlich geschützten Institution der Ehe erfahren, was insbesondere für die Rechtsfolgen der Trennung der Partner und die „Scheidung“ gilt. Insoweit verweist das LPartG praktisch durchweg auf die Vorschriften des BGB zur endgültigen Trennung sowie Scheidung von Eheleuten und deren Rechtsfolgen, wie insbesondere Unterhaltsansprüche und den Zugewinnausgleich. Wird die Lebenspartnerschaft aufgehoben, findet nunmehr in Anwendung des Versorgungsausgleichsgesetzes nach § 20 LPartG grundsätzlich ein „Rentenausgleich“ statt.

Nach wie vor gibt es diverse Ungleichbehandlungen im Vergleich zur Ehe, die vor allem im Bereich des (Einkommen-)Steuerrechts, des Beamten- sowie des Adoptionsrechts liegen. Insoweit ist vor allem der fehlende Anspruch registrierter Lebenspartner auf Durchführung einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung unter Anwendung des Splittingtarifs nach §§ 26, 26 b EStG zu nennen, die offenkundig einschneidendste Benachteiligung von Lebenspartnern im Verhältnis zu Ehegatten.

Im Hinblick auf das Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht hat das Bundesverfassungsgericht in einer am  21. Juli 2010 (BVerfGE 126, 400) ergangenen Entscheidung die Ungleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern bereits als mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar und somit als verfassungswidrig beanstandet. Eine wegweisende Entscheidung des BVerfG zur Frage der Differenzierung zwischen Ehegatten und Lebenspartnern bei der steuerlichen Veranlagung steht trotz mehrerer bereits seit Jahren in Karlsruhe anhängiger Verfassungsbeschwerden weiterhin aus.

Gleichwohl bestehen auch nach jetziger Gesetzeslage durchaus Möglichkeiten für homosexuelle Paare, um wenigstens vorläufig faktisch zu der Durchführung einer Zusammenveranlagung unter Anwendung des Splittingtarifs zu kommen. Der Bundesfinanzhof in München hat in einem im April 2012 erlassenen Beschluss (Az.: III B 187/11) entschieden, dass einem Lebenspartner gegen die Ablehnung der zuvor beim zuständigen Finanzamt beantragten Durchführung der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer mit seinem Partner vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren ist.

Dies erfolgt in der Praxis dergestalt, dass von den Lebenspartnern beim Finanzamt für das Lohnsteuerabzugsverfahren zunächst die vorläufige Eintragung der Steuerklassen III und V sowie anschließend die Zusammenveranlagung beantragt wird. Das Finanzamt lehnt die nach aktueller Gesetzeslage weiterhin allein auf Ehegatten anwendbare steuerliche Zusammenveranlagung ab und veranlagt stattdessen die antragstellenden Lebenspartner einzeln zur Einkommensteuer. Ungeachtet des gegen diesen Ablehnungsbescheid des Finanzamts ohnehin im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des BVerfG einzulegenden Einspruchs ist in einem weiteren Schritt zugleich beim Finanzamt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein sogenannter Antrag auf Aufhebung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids nach § 69 Abs. 3 S. 3 FGO zu stellen, der unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als begründet angesehen wird. Im Ergebnis bewirkt die Aufhebung der Vollziehung des Steuerbescheids, dass die bei der Einzelveranlagung festgesetzte höhere Einkommensteuer als vorerst nicht „geschuldet“ betrachtet wird, soweit sie die bei Durchführung einer Zusammenveranlagung der Lebenspartner festzusetzende niedrigere Einkommensteuer übersteigt.

Das Procedere wirkt kompliziert und eher abschreckend. Bis zu der verfassungsgerichtlichen Entscheidung sollten betroffene homosexuelle Paare gerade mit unterschiedlich hohen Einkünften indes nicht davor zurückschrecken, den aufgezeigten Weg gegenüber den Finanzämtern zu beschreiten, um hierdurch wirtschaftliche Vorteile zu erlangen.

 

Andreas Mertens
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht